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Kaplan Stefan Knauf berichtet über seinen seelsorgerischen Alltag und die Betreuung älterer Menschen

Kaplan Stefan Knauf zum immer knapper werdenden Personal im Bereich der Pflege:

 

"Das ist bei der Altenpastoral leider auch so, wobei ich sagen muss, dass dies sehr schade ist. Gerade dies ist die Gruppe, denen der Glaube viel bedeutet."

Foto: privat

Seit dem 1. Oktober 2021 gehört Kaplan Stefan Knauf (Jg. 1970) zum Pastoralteam der Pfarre St. Cornelius und Peter. Nach dem Studium der Geschichte arbeitete er bis 2012 als Bürokaufmann, bevor er von 2012 bis 2016 Theologie studierte und eine erste Stelle als Kaplan in der Kirchengemeinde Maria Frieden in Krefeld antrat.

Herr Knauf, würden Sie sich zu den ‚Spätberufenen‘ im Priesterberuf zählen?

Nee- ‚Spätberufen‘ ist so ein leicht abwertender Begriff, den mag ist nicht so sehr… Jeder ist in gewisser Weise berufen, manche schon mit 20, oder mit 15. Bei mir hat‘ s halt länger gedauert… Aber ‚Spätberufen‘ – das hört sich so an, als ob da ein alter Mann kommt, der noch mitmachen will. Mit 20 Jahren hätte ich das auch nicht machen können, aber irgendwann war es für mich dann soweit, dass ich sagen konnte: Ja, ich gehe in diesen Beruf, ich studiere noch mal. Im Sommer vor acht Jahren bin ich dann zum Priester geweiht worden. Aber ‚Spätberufen‘ ist nicht der passende Begriff. Es gab zwar ein Spätberufenen- Seminar in Lantershofen [bei Bonn], die Bezeichnung fand ich persönlich auch nicht so toll. In diesem Seminar hatte jeder Studierende seine eigene Lebensgeschichte und fing noch einmal neu an. Wenn ich mir meine Kaplanskollegen so anschaue – die meisten haben schon etwas anderes gesehen, gelernt oder gemacht, und ihre Berufs- und Lebenserfahrung bringen sie nun mit ein.

Zu Ihren Aufgaben gehört es, sich um die älteren Gemeindemitglieder unserer Pfarre zu kümmern.

Genau. Es gibt hier in Dülken zwei Senioreneinrichtungen, das Corneliushaus, in dem die Ordensschwestern ihren sehr guten Job machen, und das Theresienheim, in den die Ordensschwestern nicht sind. Deshalb habe ich vor knapp zweieinhalb Jahren gedacht, du könntest ja regelmäßig in dieses Haus gehen. Ich bekomme dann von der Pflegedienstleitung eine Liste mit den Namen derjenigen, die ein Gespräch wollen. Diese Bewohner besuche ich auf ihren Zimmern und wir reden über alles, was sie auf dem Herzen haben, was sie bedrückt, was sie loswerden wollen. Ich bin da und höre zu.

Außerdem bin ich im Beirat des Theresienheims. Das ist so eine Art Vernetzungstreffen, z.B. mit den Schützenbruderschaften oder dem AMG und wir beratschlagen, was wir im Theresienheim auf die Beine stellen können. Ich habe auch zeitnah ein Gespräch mit der Tagespflege des Heimes, in dem wir überlegen, wie die Pfarre und die Tagespflege vielleicht besser zusammenarbeiten können. Wir wollen erreichen, dass die älteren Leute die Tagespflege als Freizeitangebot sehen und an diesem Angebot teilnehmen. Geplant ist, dass ich die älteren Menschen über den Pfarrbrief informiere und zum unverbindlichen Besuch einlade. Sie sollen selbersehen, was dort gemacht wird und. Vielleicht entdecken sie ja Freude am Bingospiel.

Teilen sie bei Ihren Besuchen im Theresienheim auch die Krankenkommunion aus?

Nein, das hat mit den Besuchen nichts zu tun. Wir haben tatsächlich in den Pflegeheimen sehr viele Gottesdienstangebote. Im Theresienheim ist alle zwei Wochen eine Messe in der Herz-Jesu-Kirche, da werden die Bewohner durch einen Verbindungsgang rübergefahren. Einmal im Monat sind Pater Binu oder ich da und wir feiern im Wintergarten Eucharistie. Auch die evangelischen Kollegen feiern im zweiwöchigen Rhythmus Gottesdienst. Und dann gibt es Wortgottesdienste, die von einem Team von Ehrenamtlichen dort geleitet werden, auch vierteljährlich Gedenkgottesdienste für die Verstorbenen der Häuser.

Die Zahl der Pflegebedürftigen wird nach Angaben des Statistischen Bundesamtes bis 2030 um 50% steigen, aktuell sind es ca. 5,7 Millionen Pflegebedürftige. Die Deutsche Bischofskonferenz hat am Anfang des Jahres ihre geplanten Maßnahmen hierzu veröffentlicht. Wie ist Ihre Ansicht dazu?

Ja, es besteht das Problem, dass das Personal auch in unserem Bereich immer weniger wird und in der Folge fällt die sog. Kategorie, z.B. die Behindertenseelsorge oder die Frauenpastoral, hintenüber; es gibt immer weniger Gemeinde-/ Pastoralreferentinnen und-referenten, die das machen können. Auch Pfarrer Hannig berichtete mir, dass zukünftig auch in der Polizeiseelsorge Stellen wegfallen werden, und die vorhandenen Mitarbeiter müssen weitere Polizeidienststellen übernehmen. Das ist bei der Altenpastoral leider auch so, wobei ich sagen muss, dass dies sehr schade ist. Gerade dies ist die Gruppe, denen der Glaube viel bedeutet. Das merke ich immer, wenn ich in die Pflegeheime komme oder bei meinen Besuchen älterer Menschen privat zuhause. Ihnen ist der Glaube wichtig – im Gegensatz zu vielen jüngeren Familien, wo der Glaube nur punktuell bei einer Taufe, bei Hochzeiten und Beerdigungen, Bedeutung hat, zwischendurch eher nicht. Schon in den 90er und frühen 2000er Jahren haben Religionssoziologen prognostiziert, dass der Glaube mit den Menschen nur noch punktuell in Berührung kommt. Frankreich als laizistisches Land ist uns in dieser Beziehung Jahrzehnte voraus, und in zwei bis drei Jahrzehnten wird es auch in Osteuropa so sein. Nach Meinung der Religionssoziologen ist diese Entwicklung auch nicht aufzuhalten.

Ich habe schon mehrfach im Pfarrbrief einen Aufruf gestartet, dass diejenigen, die einen älteren Menschen in ihrer Nachbarschaft kennen, fragen sollen, ob ich zur Krankenkommunion oder auch zu einem Gespräch ins Haus kommen soll. Viele wissen es gar nicht, es scheint auch eine Scheu zu geben, im Pfarrbüro anzurufen und um einen Besuch zu bitten. Klar - die Strukturen werden immer größer, und hier sind wir angewiesen auf die Mithilfe von Angehörigen und Nachbarn, damit wir die älteren Leute in den Blick nehmen können.

Gibt es über den Bereich der ‚Pastoral für ältere Gläubige‘ noch andere Einsatzbereiche für Sie hier in der Pfarrgemeinde?

Wir haben das im Team aufgeteilt: Für die Kinder ist Gemeindereferentin Heike Wolters da, sie geht auch in die Schulen. Um die Jugendlichen und die Firmpastoral kümmert sich Pastoralreferent Harald Hüller zusammen mit dem Pastoralassistenten Peter Nguyen. Der Bereich der älteren Leute ist mein Steckenpferd. Ich habe schon 2006, als ich noch in Anrath gewohnt habe, die Aufgabe übernommen, ältere Menschen zu besuchen. Pfarrer Hennen, Pater Binu und auch Ehrenamtliche besuchen die älteren Gemeindemitglieder und bringen ihnen die Kommunion.

Muss Ihre reguläre Zeit als Kaplan mit einer Prüfung abgeschlossen werden?

Das wird 2027 sein, dann wird das sog. Pastoralexamen anstehen. Es gibt so eine Art Dienstprüfung. Ich habe jedes Jahr mehrere Fortbildungen, da geht es um rechtliche Fragen, z.B. Kirchenrecht oder kirchliches Verwaltungsrecht. Solche Dinge werden in einem Kolloquium noch einmal besprochen. In der Prüfungsordnung ist vorgesehen, dass jemand kommt und sich anschaut, wie ich einen Gottesdienst feiere, wie ich predige. Ich sehe dem sehr gelassen entgegen!

Das Gespräch führte Ute Hölter