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Der kirchliche Einfluss auf die Vornamen von Mädchen und Jungen

In frühchristlicher Zeit gaben Eltern ihren Kindern Namen, die die Herkunft erklärte. Sie kombinierten Bestandteile von Vater- und Mutternamen, manchmal kam noch die Bezeichnung eines führenden Vorfahrens dazu. Alternativ hatten Eltern die Möglichkeit, ihr Kind nach einem Gott oder einer Göttin zu nennen – das führte in den Anfangsjahren des Christentums dazu, dass Kinder heidnische Götternamen, z.B. Dionysius, erhielten.

Erst unter der Herrschaft Konstantin des Großen änderte sich diese Tradition: Ab dem 4. Jahrhundert setzte sich die Gepflogenheit durch, Kindern christliche bzw. biblische Namen zu geben, zunächst vor allem im Bereich der östlichen, ab dem Hochmittelalter auch in dem der westlichen Kirchen. Eine mögliche Ursache kann in der Vorschrift des Rituale Romanum1 liegen, das vorgibt, Kinder auf Namen von vorbildlichen Heiligen zu taufen, die als Helfer in Notsituationen fungieren sollen.

Heutzutage lassen sich diese Vorbilder in drei Kategorien einteilen: In frühchristlicher Zeit sind es vor allem Menschen, die für ihren Glauben gestorben sind, gefolgt von denjenigen, die aufgrund ihrer besonderen Lebensführung (Mönche, Asketen) als Idealbild für den Glauben gelten. Ab dem Mittelalter zeichneten sich vor allem Adlige und Äbte dafür in vorbildlicher Weise aus, dass der Glaube auch beim einfachen Volk verbreitet wird.

Unabhängig von der kirchlichen Leitlinie für die Namensgebung kann es von individuellem Interesse sein, wie das Leben der Heiligen, die den Namen getragen haben, verlaufen ist. Ausgehend von Inhalten der Statistik „beliebteste Vornamen von Mädchen und Jungen“ lässt sich ein kleines ‚Best-of‘ zusammenstellen:

Der Name Emiliana geht auf Ämiliana, eine Tante des Heiligen Gregors des Großen zurück, der im 6. Jahrhundert nach Christus lebte. Ämiliana führte ein frommes und asketisches Leben, das der Hl. Gregor niederschrieb. Ihr Namenstag ist auf den 5. Januar festgelegt, denn sie starb am Ende des 6. Jahrhunderts zwischen Weihnachten und dem Fest der Heiligen Drei Könige (der „Namenstag“ bezeichnet gleichzeitig den Gedenktag für den/die Heilige(n) und ist in den meisten Fällen der Todestag).

Der Ursprung des Namens Lena kann nicht eindeutig ermittelt werden; sowohl „Helene“ als auch „Maria Magdalena“ gelten als Ausgangspunkt: Die um 255 in einfachen Verhältnissen am Bosporus geborene Helene war Geliebte des Cäsaren (=Unterkaiser) Konstantin Chlorus, der ihr vor seiner Heirat den Laufpass gab. Sie trat früh zum christlichen Glauben über. Konstantin der Große war ihr gemeinsamer Sohn, der sie nach seinem Regierungsantritt zu sich nach Trier holte. Zusammen mit ihrem Sohn gilt sie als Gründerin mehrerer Kirchen. Die Überlieferung schreibt ihr zu, dass sie an der Entdeckung des Heiligen Kreuzes in Jerusalem sowie bei der Überführung der Gebeine des hl. Matthias nach Trier maßgeblich beteiligt gewesen sein soll. Sie starb am 18.08.330 im heutigen Izmit. Die heilige Helena hilft der Überlieferung nach bei der Entdeckung von Diebstählen.

Der 22.07. gilt als Gedenktag von Maria Magdalena. Jesus heilte sie von ihrer starken Besessenheit. Im Anschluss daran schloss sie sich Jesus an und begleitete ihn bis zu seinem Tode. Sie gilt als eine der ersten Personen, die Kenntnis von der Auferstehung Jesu erhielten. Bis zum heutigen Tag ist die Person Maria Magdalenas in vielfältiger Weise Gegenstand der biblischen Forschung geblieben, auch Musik, Literatur und Film beschäftigen sich mit ihr. Eine Übersicht erhalten Sie unter www.wikipedia => Maria Magdalena. Maria Magdalena wird unter anderem als Patronin der Frauen und der reuigen Sünderinnen verehrt.

Der beliebte Name Liam, als Abkürzung des englischen Vornamens William zu verstehen, geht somit auf den deutschen Namen Wilhelm zurück. Die katholische Kirche kennt eine Vielzahl Heiliger mit dem Namen Wilhelm. An dieser Stelle sei Wilhelm (Sohn des Grafen von Volpiano) beschrieben, der 962 geboren ist und dessen Taufpaten das Kaiserpaar Adelheid und Otto der Große war. Er begeisterte sich für die Klosterreform von Cluny und leitete ab 990 als Abt die verfallene Abtei St. Benignus in Dijon, die er zu neuer Blüte führte. Außerdem errichtete er eine Vielzahl von Schulen. Er galt nicht nur als fähige Führungsperson, sondern hatte auch einen guten Draht zur einfachen Bevölkerung, die ihn wegen seiner Mildtätigkeit liebte. Dem „fahrenden Volk“ bot er Unterstützung, indem er eine „Bruderschaft der Jongleure“ für sie gründete. Wilhelm stab am 01. Januar 1031 in Fécamp (Normandie/ Frankreich)

Die Vornamen Emil und Milan finden beide ihren Ursprung im Namen „Ämilius“. Die katholische Kirche kennt zwei Heilige mit diesem Namen: Einen Heiligen irischer Abstammung, der mit dem Klostergründer Furseus 640 n. Chr. nach Lagny in Franken kam, dessen Nachfolge als Abt antrat und 660/ 675 starb. Der andere Heilige, Ämilian von Cogolla, lebte etwa vierzig Jahre als Einsiedler im Gebirge und wurde anschließend Pfarrer in seiner Heimatstadt Verdejao. Zuletzt sagte man ihm die Tätigkeit als Lehrer und Wundertätigkeit zu. Er starb hundertjährig am 12. 11.574.

Über diese Auswahl hinaus bietet https://namenstage.katholisch.de/namenstage.php eine umfassende Übersicht.


1 Das Rituale Romanum entstand im 11./ 12. Jahrhundert, geht auf bischöfliche Regelwerke zurück und stellt Handlungsanweisungen für Priester bei der Spendung von Sakramenten, z.B. der Taufe, dar.

Ute Hölter