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Oft besitzen Kirchengemeinden mehrere Reliquien, etwa diese Reliquie von 19 Heiligen. Sie stammt aus dem Bestand der Gemeinde St. Peter, Boisheim. Die dazugehörige Urkunde stammt vom 21. März 1860. Foto: Uwe Rieder

Was unterscheidet das Heiligenpatronat vom Kirchenpatronat?

Die frühen Christen machten es sich zur Gewohnheit, die Eucharistie an den Gräbern der Märtyrer zu feiern. Da dies nicht überall möglich gewesen ist, brachte man Reliquien in die Kirchen. Die Reliquienübertragung des heiligen Babylas, Bischof von Antiochien, in eine neugebaute Kirche nach Daphne galt als eine der ersten dieser Art. Etwa bis im Jahre 1.000 nach Christus weihte man generell alle Kirchen dem Salvator Mundi (Erlöser/Heiler der Welt), zusammen mit einen „großen“ Heiligen wie Michael, Stephanus, Johannes dem Täufer oder den Aposteln.

Im weiteren Verlauf der Zeit etablierten sich die Kirchen, die Reliquien eines bestimmten Heiligen besaßen und diesem Heiligen geweiht waren (=Heiligenpatronat), wobei oft bedeutende Kirchen eine Vielzahl von Reliquien ihr Eigen nennen konnten, z.B. besaß das Stift Nottuln menschliche Überreste von 170 Heiligen. In manchen Regionen gehörte zum Einweihungsverfahren, dass die ausgewählten Reliquien am Tag vor der Einsetzung in den Altar außerhalb der Kirche aufgestellt wurden. Die Gläubigen erhielten die ganze Nacht über Gelegenheit zur Anbetung.

Seit dem späten Mittelalter ging man dazu über, neue Kirchen auch der ‚heiligen Dreifaltigkeit‘, dem ‚heiligen Kreuz‘ oder ähnlichen Ehrenbezeichnungen, z.B. ‚Herz- Jesu‘, zu widmen.

Im Lauf der Jahrhunderte änderte sich auch das Anerkennungsverfahren für die Heiligen: Während im frühen Mittelalter die Öffnung des Grabes durch Papst oder Bischof genügte, musste dies später explizit ausgesprochen werden.

Heutzutage begeht, regional unterschiedlich, jede Kirche zwei Festtage, und zwar neben dem Tag der Weihe (vorwiegend in der Pfalz, in Baden- Württemberg und Bayern) auch den Festtag des Patrons, das sogenannte Patrozinium. Die Patronatsfeste unserer Pfarrei werden an folgenden Tagen gefeiert:

  • St. Cornelius am 16. September
  • St. Peter am 29. Juni
  • St. Ulrich am 04. Juli.

Vom Begriff des Heiligenpatronats ist der Begriff des Kirchenpatronats deutlich abzugrenzen, denn er beschreibt die Schirmherrschaft eines Eigentümers über eine Kirche, die auf seinem Gebiet liegt; das Kirchenpatronat ist somit eine Rechtskonstruktion. Sie hat sich aus dem sogenannten Eigenkirchenwesen des Mittelalters entwickelt und beschreibt im Wesentlichen eine Stiftung zugunsten der Institution Kirche. Der Stifter verpflichtete sich z.B., das gestiftete Gebäude zu unterhalten. Zu den Rechten gehörte es, bei Einsetzung eines neuen Pfarrers gegenüber der kirchlichen Instanz einen eigenen Vorschlag anbringen zu dürfen. Die Nachwirkungen dieser Kirchenpatronate reichen bis in die Rechtsverhältnisse der heutigen Zeit.

Ute Hölter