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Adolph Kolping: Anwalt der Jugend und der Familie
230.000 Mitglieder in 2.400 Kolpingfamilien. 40.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Bereich der Kolpingjugend. Das Kolpingwerk in Deutschland, Teil des Internationalen Kolpingwerkes, verfolgt mit seinen Mitgliedern die Idee des aktiven Handelns zum Wohle von jungen Menschen, des Handelns für die Familie und für die Eine Welt. So schreibt es das im Mai 2000 in Dresden beschlossene Leitbild den engagierten Christen dieses Verbandes verbindlich vor.
In 61 Ländern weltweit mit 450.000 Mitgliedern vertreten, will der Verband Bewusstsein für verantwortliches Leben und solidarisches Handeln fördern. Dabei versteht sich das Kolpingwerk als Weg-, Glaubens-, Bildungs- und Aktionsgemeinschaft.
Der 1813 in Kerpen geborene Schuhmachergeselle Adolph Kolping interessierte sich brennend für die sozialen Fragen seiner Zeit und war entsetzt über die Lebensumstände vieler Handwerksgesellen, die er „auf der Walz“, also während der Wanderjahre als Geselle, kennen lernte. Sein Wunsch war, Priester zu werden.
Sein Weg zum Priesteramt wurde von zwei Kölner Pfarrern unterstützt, die ihn mit Lateinstunden auf den Besuch des Gymnasiums zum Erwerb des Abiturs vorbereiteten. Mit 27 Jahren (heute würde man sagen: „auf dem zweiten Bildungsweg“) machte er Abitur und konnte, mittels einer Art Privatstipendium, Theologie studieren und das Priesterseminar besuchen.
Als Kaplan in Elberfeld übernahm er den Vorsitz des örtlichen Gesellenvereins; dessen Idee, den jungen Gesellen, denen fern ihrer Heimat Verwahrlosung und Ausbeutung drohte, einen familienähnlichen Halt und soziale Unterstützung zu bieten, nahm er begeistert auf.
Als Domvikar nach Köln versetzt, machte er sich für eine Verbindung der in vielen Städten, besonders im Rheinland, entstandenen Gesellenvereinen zum „Katholischen Gesellenverein“ stark. Fixpunkte wurden die von Kolping vorgeschlagenen Gesellenhospize, aus denen die heutigen Kolpinghäuser entstanden. Sie boten nicht nur menschenwürdige Unterkunft, sondern auch Gelegenheit zur Aus-, Fort- und Weiterbildung. Hier sorgten sich von der Gemeinschaft ausgewählte Kollegen um die Kranken und hier war auch Raum zur gemeinsamen Gestaltung der kargen Freizeit; nicht von ungefähr spricht man ja heute noch von „geselligem Beisammensein“.
Auch wenn viele „Kolpinghäuser“ heute nur noch dem Namen nach zur Kolpingfamilie gehören, sind sie doch immer noch „Leuchttürme“ einer Idee, die nach wie vor aktuell ist. In der Regel sind sie eigenverantwortlich und werden als Gasthäuser, Hotels oder Tagungshäuser geführt, die in einem eigenen Verband organisiert sind.
Adolph Kolping schrieb als Journalist, Redakteur und Herausgeber verschiedener katholischer Presseorgane über die gesellschaftlichen Missstände der industriellen Revolution und machte damit die Not der „einfachen Menschen“ auch den gehobenen Kreisen bekannt. 1862 traf er Papst Pius IX. und wurde zum Päpstlichen Geheim- kämmerer ernannt. Sein Todestag, der 4. Dezember 1865, wird seit seiner Seeligsprechung durch Johannes Paul II. am 27. Oktober 1991 als Gedenktag gefeiert.
Das Kolpingwerk ist, wie viele andere katholische Verbände auch, diözesan organisiert.
Es gibt in den deutschen Bistümern 27 Diözesanverbände des Kolpingwerkes als organisatorisches Dach der Kolpingfamilien vor Ort. Die acht Landes- und Regionalverbände haben daneben vor allem politische Aufgaben, um die Anliegen des Verbandes in der Politik präsent zu halten.
Seine Kolpingfamilien vor Ort, auch hier in Dülken, bilden die kleinste organisatorische Einheit und sind die Keimzellen der Kolping-Bewegung.
Die Kolpingfamilien engagieren sich heute vor allem in vier Handlungsfeldern. Junge Menschen werden Bildungschancen gegeben; nach wie vor ist auch die Schaffung eines christlich-sozialen Lebensraum für Auszubildende, die fern ihrer Familien und der gewohnten Umgebung eine Berufsausbildung absolvieren, ein Kernanliegen. In der Arbeitswelt ist Kolping vertreten in Innungen, Handwerkskammern, Berufsverbänden und anderen Organisationen, um sich für menschwürdige Arbeitsbedingungen einzusetzen.
Die Unterstützung von Familien, vor allem auch in schwierigen Situationen wie Alleinerziehende, Patchwork-Familien etc., sieht die Möglichkeit vor, Kolping-Familienferienanlagen zu nutzen für einen gemeinsamen Familienurlaub. Ebenfalls ist die Integration der Senioren in die Gesellschaft, statt sie auf das „Altenteil“ abzuschieben, vielerorts eine wichtige Aktivität.
Das internationale Engagement für die „Eine Welt“, mit der Partnerschaftsarbeit im Internationalen Kolpingwerk und dem Aufbau diverser Projekte, bildet das vierte Handlungsfeld.
Über die Kolpingjugend können junge Erwachsene zwischen 18 und 28 Jahren einen zwölfmonatigen internationalen Freiwilligendienst in einem der südlichen Länder mit einem sozialen oder ökologischen Projekt absolvieren und nebenbei Menschen und Kultur kennenlernen.
Erstaunlich und ein wenig traurig ist, bei Betrachtung dieser gewaltigen Aufgaben, denen sich die Kolpingfamilien stellen, wie wenig „Kolping“ noch in der breiten Öffentlichkeit wahr- genommen wird.
Wer, wie der Autor, aus einer rheinischen Handwerkerfamilie stammt, weiß wahrscheinlich noch mit dem Begriff „Kolpinghaus“ etwas anzufangen. Auch die schwarz-orange Fahne mit dem stilisierten „K“ kennt man vielleicht von den Fronleichnam- Prozessionen. Was die Kolpingmitglieder aber tatsächlich leisten, auch hier in Dülken, z. B. in der Seniorenarbeit oder Flüchtlingshilfe, wird nicht wahrgenommen.
Folglich hat auch das Kolpingwerk große Nachwuchssorgen. Immer weniger, vor allem junge Menschen, finden sich bereit zu diesem christlich-gesellschaftlichen Engagement. Während es in der Vergangenheit üblich war, dass ganze Familien sich seit Generationen für Kolping einsetzten, sterben heute die Kolpingfamilien manchen Ortes aus, denn die Kinder und Jugendlichen, die sich vielleicht noch für die Kolpingjugend begeistern lassen, finden den Weg nicht mehr in die Reihen der erwachsenen Kolpingmitglieder.
Kolping Upgrade, so nennt sich der Zukunftsprozess, der seit 2016 den Weg in die Zukunft des Verbandes aufzeigen und gestalten soll.
Kolping-Jugendwohnen, Kolping-Bildungsunternehmen, Kolping- Tagungshäuser und Kolping-Familienferienstätten sind natürlich Einrichtungen, die ohne professionelle, hauptamtliche Akteure nicht zu betreiben wären.
Allein in den 150 Bildungseinrichtungen arbeiten 4600 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Ein guter Teil der finanziellen Last wird jedoch wiederum von den ehrenamtlichen Kolpingfamilien aufgebracht, die Spenden sammeln und mit originellen Aktionen, wie der Schuhsammelaktion „Mein Schuh tut gut“, finanzielle Unterstützung gewährleisten.
Ein Zitat aus seiner Biografie: „Adolph Kolping war ein ,ganzheitlicher‘ Seelsorger. Die persönliche Bildung des einzelnen und die Mitgestaltung der Gesellschaft waren sein zentrales Anliegen. Er strebte den sozialen Wandel durch Veränderung des Menschen an: Die Gesinnungsreform hat Vorrang vor der Zuständereform.“ Die schlichte, höchst aktuelle Formel dahinter gibt es auch in einem anderen geflügelten Wort: „I´m starting with the man in the mirror“.
Claus Rycken